Radio "Grüne Welle" vom 04.12.97


Themen der Sendung vom 04.12.97 Schallwellen

MitarbeiterInnen der Sendung:
Rieke (Ri), Joachim (J), Susanne (S), Holger (H), Ralf (Ra), Georg (G), Ulli (U), Ilona (I) sowie Hardy in der Technik

AutorIn: a , SprecherIn: s


Oekologische Textilien

Die im Barmer Rathaus Ende Oktober bis Anfang November gezeigte Ausstellung "Textilien im Einklang mit der Natur" und weitere Veranstaltungen der Umweltberatung der Stadt Wuppertal unter dem Motto "Stoffe auf unserer Haut - Menschen, Mode, Umwelt" sollten insbesondere die umweltrelevanten Hintergruende dessen zeigen, was uns ein Leben lang umgibt: die Kleidung.
Ein Hoehepunkt war sicher die Modenschau auf den Stufen des Barmer Rathauses, bei der Oeko-, Fairgehandelte- und Second-Hand-Kleidung praesentiert wurde.

Textilien gehoeren zu den aeltesten vom Menschen hergestellten Waren. Seit jeher versuchte er, sein im Laufe der Evolution zurueckgebildetes Fell zu imitieren. Die Erfuellung dieses Grundbeduerfnisses des Menschen muendete in einer maschinellen Massenproduktion von Stoffen, deren enge Verknuepfung mit der Entstehung der allgemeinen Industrialisierung gerade in Wuppertal als einer der ersten europaeischen Orte der Textilproduktion deutlich wird.
Doch waehrend dieser Industriezweig durch immer weiter perfektionierte Produktionsprozesse und Materialeigenschaften heute technisch ausgereift scheint, ist er umwelttechnisch gesehen erst im Anfangsstadium.

Der lange Lebensweg eines Kleidungsstuecks von der Faserproduktion, der Textilerzeugung und -veredelung, der Bekleidungsherstellung ueber den Handel bis zum Verbraucher und anschliessend die eventuelle Wiederverwendung oder das Recycling und zuletzt die Entsorgung kann in allen genannten Stufen Probleme bereiten.

Grundsaetzlich unterschieden wird zwischen Naturfasern wie den pflanzlichen Naturfasern Baumwolle, Leinen oder Hanf, den tierischen Naturfasern wie Seide, Schurwolle, Alpaka, Kaschmir und Kunstfasern, deren Basisstoff ueberwiegend Erdoel bildet, z.B. Polyester, Polyacryl, Polyamid oder die aus Zellulose gesponnenen Fasern wie Viskose, Cupro oder Acetat.

Dabei kann nicht eindeutig ein Votum fuer eine der beiden Sorten abgegeben werden. Denn auch Naturstoffe koennen viel gesundheits- und umweltschaedliche Chemikalien enthalten. Bei Baumwolle z.B. kann der Anteil an Chemikalien bis zu 30% des Gewichtes ausmachen, trotz der Aufschrift "100 % Baumwolle". Hunderte von Substanzen werden bei der sogenannten "Textilveredelung" eingesetzt, viele davon gelangen bei der Produktion, beim Waschen oder spaetestens bei der Deponierung oder Verbrennung in die Umwelt. 90 % der bei der Textilherstellung verwendeten Chemikalien gelangen ins Abwasser.

Waehrend bei der Chemiefaserherstellung u.a. der Grundstoff Erdoel mit seinen bekannten Umweltproblematiken bei der Foerderung und dem Transport, sowie gefaehrliche Hilfs- und Zusatzstoffe bei der Produktion negative Folgen haben, sind es in der Naturfaserproduktion beispielsweise der Einsatz von Pestiziden, Entlaubungsmitteln und Duengemitteln bei der Baumwollanpflanzung, der hohe Wasserverbrauch durch Bewaesserung, nicht artgerechte Tierhaltung z.B. bei der Wollgewinnung und der Einsatz von Konservierungsstoffen, die Umwelt und Mensch gefaehrden. So sind allein durch die Pestizidanwendung in den Anbaulaendern jaehrlich ca. 1,5 Mio Vergiftungsfaelle die Folge, von denen 28000 toedlich enden.

Grund genug, sich ueber die Herkunft und den verschwenderischen Umgang mit Textilien Gedanken zu machen. In unserer Zeit und unserer Wohlstandsgesellschaft, in der Mode einem immer schnelleren Wechsel unterworfen wird, um neue Kleidung verkaufen zu koennen und Gewinne zu erzielen und viele Leute anscheinend glauben, sich diesem Diktat unterordnen zu muessen, ist es umso noetiger, Alternativen aufzuzeigen.

[Mehr dazu nach der naechsten Musik...]

[Wie kann die Umweltbelastung durch Textilien reduziert werden ?]

Zeitlose, langlebige und robuste Kleidung verringert die Produktionsmengen und den Muell. Geachtet werden sollte zudem auf oekologisch hergestellte Kleidung, meist aus Naturfasern. Diese bietet durch geringe oder keine chemische Ausruestung zudem noch viele, von der jeweiligen Naturfaser abhaengigen, urspruenglichen positiven Trageeigenschaften. Mechanische Verfahren koennen chemische ersetzen, z.B. zum Verhindern des Einlaufens von Geweben.
In einigen Faellen kann jedoch auch der Einsatz von Chemiefasern vernuenftig sein, die gerade in den Bereichen Langlebigkeit und - bei sortenreinen Fasern - im Bereich Recycling Pluspunkte sammeln koennen.

Oekotextillabels, oft von den Herstellerfirmen selbst vergeben und nur schwer nachvollziehbar, sind kaum eine Hilfe, zumal es bisher kaum unabhaengige, europa- oder weltweit gueltigen Richtlinien gibt. Einige, meist kleinere Betriebe haben sich in dem "Arbeitskreis Naturtextil e.V." zusammengeschlossen, der umfangreiche Regeln fuer alle Herstellungsschritte vorgibt. Diese Firmen bieten unbehandelte Naturfasern an, die weder ausgeruestet noch gefaerbt sind. Aber auch einige groessere Unternehmen und Versandhaeuser nehmen Einfluss auf ihre Zulieferer und fordern von diesen Textilien, die nach oekologischen Prinzipien hergestellt werden.

Allein an den Etiketten in Kleidungsstuecken laesst sich zwar ausser dem Grundstoff, der fuer ein eventuelles Recycling aus einem sortenreinen Material und keinem Synthetikmischgewebe bestehen sollte, kaum etwas erkennen. Vermieden werden sollten allerdings stark faerbende Kleidung oder Textilien mit Aufschriften wie "knitterarm", "flammgeschuetzt", "filzfrei" oder "antibakteriell", die fuer eine starke chemische Ausruestung, dem Freiwerden von Substanzen beim Waschen oder direkt beim Tragen auf der Haut sprechen. Auch Markenzeichen, wie z.B. das Wollsiegel, das giftige Pyrethroide als Insektenschutz in Teppichen zulaesst, geben keine Gewaehr fuer Umweltvertraeglichkeit. Auf Stoffe wie PVC und Teflonbeschichtungen sollte ganz verzichtet werden.

Grundsaetzlich laesst sich feststellen, dass eine absolut umweltreundliche Kleidung bisher nicht existiert, sondern versucht wird, die negativen Auswirkungen zu minimieren. Dabei besteht neben dem Kauf von neuer Kleidung auch die Moeglichkeit des Erwerbs von Second-Hand-Ware, die zudem auch preislich guenstiger ist. Dem hoeheren Preis von oekologischer Ware gegenueber konventionellen Textilien steht oftmals jedoch auch eine bessere Verarbeitung und daher eine laengere Haltbarkeit gegenueber. Ausserdem muss beruecksichtigt werden, dass ca. 80% der konventionellen Kleidung importiert wird, und die Niedrigpreise nur durch Ausbeutung von Menschen in den Drittweltlaendern moeglich sind. Denn Kleider machen nicht nur Leute, sondern Kleider werden auch von Leuten gemacht. So bietet z.B. die Gepa, die in Wuppertal eine Regionalstelle besitzt, Textilien aus verschiedenen Laendern der suedlichen Welt an, die zu fairen Preisen gehandelt werden, um dadurch den Produzenten ein angemessenes Entgelt fuer ihre Arbeit zukommen zu lassen. In den von ihr unterstuetzten Projekten wird zunehmend auch auf Umweltvertraeglichkeit geachtet, die natuerlich eng mit den Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen verknuepft ist, wie das Beispiel Pestizideinsatz zeigt. Oekotextilien sind in Wuppertal in einigen Oekolaeden erhaeltlich.

Weitere Informationen zu dem Thema Textilien gibt es zum Beispiel bei der Umweltberatung der Stadt Wuppertal.


Autofreie Siedlung in Wuppertal

Parken Sie ihr Auto jeden Abend einen halben Kilometer von Ihrer Wohnung entfernt? Oder sind Sie glueckliche Besitzer einer eigenen Garage? - Haben Sie vielleicht schon mal darueber nachgedacht, "autofrei" zu wohnen und damit alle Parkplatzsorgen auf einmal los zu sein?!

Nichts ist unmoeglich - wuerden die Kaeufer einer bekannten Automarke jetzt sicher sagen.

Leider wurden solche Projekte in Wuppertal bisher nur angedacht, aber nie verwirklicht.. Vor ca. 2 Jahren berichtete Radio "Gruene Welle" ueber eine geplante Oekosiedlung . Enstehen sollte die Oekosiedlung auf dem Gelaende der ehemaligen Generaloberst-Hoepner-Kaserne. Inzwischen hat die Stadt mit dem Gelaende andere Plaene - sie will es mit grosser Wahrscheinlichkeit gewerblich nutzen! Statt dessen sind nun 5 neue Standorte fuer den Bau einer autofreien Siedlung im Gespraech: in Elberfeld am Weidenplatz und an der Dessauerstrasse, in Barmen auf dem ehemaligen Bremmegelaende, am Vohwinkeler Stationsgarten und in Langerfeld an der Mohrenstrase. Nach einer ersten Bewertung gilt der Weidenplatz zur Zeit als das am besten geeignete Gelaende.

Wie sollte eine autofreie Siedlung ueberhaupt aussehen? Sicher macht es wenig Sinn, die Autos nur am Rande der Siedlung abzustellen, um das Innere der Siedlung autofrei zu halten. Statt dessen sollte eine Oeko-Siedlung so angelegt sein, dass die Bewohner groesstenteils ganz auf das Auto verzichten koennen. Die Siedlung sollte deshalb in eine gute Infrastruktur eingebettet sein, d.h. es sollten Einkaufsmoeglichkeiten, Schule, Kindergarten, etc. und ein guter Anschluss an den oeffentlichen Nahverkehr vorhanden sein. Ausserdem sollte die Siedlung selbst in oekologischer Bauweise errichtet werden, also z.B. Niedrigenergiehaeuser, Nutzung von Solarenergie,usw...Auch eine Zusammenarbeit mit dem Car-Sharing-Projekt waere sinnvoll, so dass fuer Einzelfaelle (z.B. groessere Transporte) ein gemeinschaftlich genutztes Auto verfuegbar waere. Denn nur so kann - wenigstens in kleinem Rahmen - eine nachhaltige Entwicklung erreicht werden. Alles andere waere nur eine Verlagerung der Problematik.

Unter den Gesichtspunkten, die wir eben genannt haben, waere der Weidenplatz sicherlich ein geeigneter Standort fuer eine autofreie Siedlung. Jetzt ist die Stadt gefragt, die Plaene fuer eine autofreie Siedlung umzusetzen. Im Rahmen des Handlungskonzeptes zur lokalen Agenda 21 waere das sicher ein Schritt in die richtige Richtung! Hoffentllich nicht der einzige.