Radio "Grüne Welle" vom 02.08.01


Themen der Sendung vom 02.08.01 Schallwellen

MitarbeiterInnen der Sendung:
Brigitte B. (BB), Christian (Ch), Ilona S. (IS), Brigitte W. (BW), Eva (E), Frank (F), Thomas (Th), Ralf (Ra) sowie Hardy in der Technik
Moderation: Ra

AutorIn: a , SprecherIn: s


Ist das schon der Gipfel? Was der Klimagipfel in Bonn war und wollte...

1992 treffen sich jede Menge Staatschefs in Rio, und verabschieden eine Klima-Rahmenkonvention mit dem Ziel, gefährliche Einwirkungen des Menschen auf das Klima zu verhindern, und also die Treibhausgas-Menge in der Atmosphäre auf einer bestimmten Höhe zu stabilisieren. Rahmenkonventionen sind prima, weil sie keine Verbindlichen Zusagen beinhalten. 160 Staaten machen deshalb dabei gerne mit.

Dann passiert erst mal sehr lange nix konkretes. 1997 treffen sich Vertragsstaaten in Kyoto wieder, diesmal soll es richtig zur Sache gehen. Und tatsächlich: es wird ein Protokoll verabschiedet! Alle großen Industrienationen sind dabei. Das Kyoto-Protokoll besagt, dass die Industriestaaten ihren Ausstoß an Treibhausgasen bis 2012 um insgesamt 5,2 Prozent reduzieren sollen, bezogen auf das Jahr 1990. ( Wow! 5,2 Prozent immerhin, wo doch Klimaforscher sagen, dass eine sofortige Reduktion um 60 Prozent nötig wäre, um eine globale Klimakatastrophe zu verhindern.) Ratifiziert hat das Abkommen bisher übrigens keine der sogenannten "führenden" Industrienationen.

Weil den Staatschefs ob ihrer vollmundigen Zusagen von ganzen 5,2 Prozent dann doch ein wenig bange wurde ( Was werden meine Wählerinnen und Wähler sagen? Und meine Freunde aus der Industrie???), wurden in das Kyoto-Protokoll sicherheitshalber jede Menge Schlupflöcher eingebaut, die es den Industrienationen erlauben sollen, ihren Reduktionsverpflichtungen nachzukommen ohne weniger CO2 zu produzieren. Klingt nach Zauberei, ist aber internationales Vertragsrecht.

Über diese Schlupflöcher geriet man sich in den folgenden Jahren ein bisschen in die Haare, ja und dann stellt der frischgewählte amerikanische Präsident auch noch fest, dass das Abkommen der heimischen Wirtschaft schade, und er es deshalb nicht unterzeichnt. Das ist deshalb besonders blöd, weil die USA mehr als ein Viertel der weltweiten CO2-Emissionen erzeugen, und das Abkommen nur dann in Kraft tritt, wenn mindestens die Verursacher von 55 Prozent des weltweiten Ausstoßes zu den Unterzeichnern gehören.

So wurde es zwar fast ein historischer Unterzeichnungsgipfel. Macht aber sowieso kaum einen Unterschied , denn wie wir mit diesen stark verkürzten Ausführungen zeigen wollen, konzentrieren sich die Anstrengungen der Industrienationen auf Absichtserklärungen und das Feilschen um lächerliche Prozentsummen. Wirklich kreativ werden sie nur beim Erfinden von Ausflüchten, um mit der Dinosaurier-Industrie weiterzumachen wie bisher.

Keines der überindustrialisierten Länder versucht ernsthaft den Verbrauch fossiler Energieträger merklich zu reduzieren. Heute produzieren viele Industrienationen deutlich mehr CO2 als vor dem Kyoto-Vergleichsjahr 1990. Um trotzdem den Anschein zu wahren, verantwortungsvoll zu handeln, besinnt man sich auf das immer noch hoch im Kurs stehende Allheilmittel des Marktes, das ja Probleme mit "unsichtbarer Hand" zumindest theoretisch so wunderbar zu lösen vermag.

Hat man so ein Problem erst mal in Zahlen und Statistiken erfasst und den Dollar-Gegenwert für alle betroffenen Güter ermittelt, lässt sich das Meiste mit ein wenig Rechnen und ein wenig Freihandel irgendwie beheben. Unbequeme Veränderungen im wirklichen Leben lassen sich bis auf weiteres vermeiden. Die WählerInnen sind glücklich und die Freunde von der Industrie auch. Und wollen damit weitermachen, bis es wirklich nicht mehr geht. Genau dafür sind die Schlupflöcher im Protokoll.

Sogenannte "unterentwickelte" Ländern tragen nur einen Bruchteil zur globalen Erwärmung bei. Zum Beispiel Bangladesch pro Kopf CO2-Ausstoß pro Jahr 180 kg, dagegen Deutschland 10.000 kg, USA 20.000 kg. Andererseits sind die armen Länder Hauptbetroffene der immer heftigeren Klimakatastrophen. Und sie haben kaum Mittel sich gegen die Auswirkungen von Hochwasser oder die Verwüstung riesiger Landstriche zu schützen. Der neu entstehende "Klimamarkt", ist ein Werkzeug, um die Entwicklung der armen Länder zu kontrollieren.

Bemessungsdatum für die Rechte und Pflichten aus dem Kyoto- Protokoll ist das Jahr 1990: wer damals viel Dreck in die Luft geblasen hat, kann das auch weiterhin tun. Kein Protokoll erwähnt, dass von der globalen Ressource Klima eigentlich jedem Menschen ein gleichgroßes Stück zusteht.


G8-Gipfel in Genua

Was sind eigentlich Globalisierungsgegner? Welche, die gegen Globalisierung sind? Dagegen, dass deutscher Atommüll in Russland eher schlecht als recht vergraben wird? Dagegen, dass internationale Konzerne alleine bestimmen, ob auf der Lebensmittelpackung steht, welche gentechnisch veränderten Bestandteile drin sind? Leute, die aus ganz Europa nach Genua fahren, weil dort Regierungschefs über internationalen Handel beraten.

Mmmh. Moment. Wieso fahren die denn dahin, wieso sind die so mobil, wenn die dagegen sind, wenn die eigentlich gegen Globalisierung sind? Die globalisieren sich also, obwohl sie GegnerInnen davon sind?

Passt nicht. Denn die Bewegungen gegen die Globalisierung sind nicht gegen Reisen, Handeln, Reden und Zusammenarbeiten auf der ganzen Welt. Sie sind dafür - aber sie wollen das ein bisschen anders als die G8-Regierungen. Die G8 wollen nur ungestört tagen. Die wollen in Ruhe auf ihre Art globalisieren.

Aber wenn die GlobalisierungsgegnerInnen gar nicht gegen die Globalisierung an sich sind, wieso werden die dann nicht reingelassen bei den G8? Warum reden die nicht miteinander? Klar, die sind ja keine Regierungschefs. Und so ist das in der globalisierten Politik. Dort die Chefs, hier die anderen... Und weil die G8-Chefs Ruhe wollen, lassen sie eben draufhaun. Und schießen.

Als wenn die Globalisierung so wichtig wäre, - bzw. das, was die G8 darüber reden - dass es Tote geben müsste? Doch, die ist so wichtig. Es gibt ja so genug Tote wegen der Globalisierung. Ausbeutungsjobs, Umweltzerstörung, Menschenhandel, Flüchtlinge ... viele, vor allem Arme Leute, sterben jetzt schon, damit in den reichen Ländern alles so bleiben kann, wie es ist. Und das wollen die G8.

Es ist ihnen ein bisschen peinlich, dass sie , um in Ruhe zu tagen, - übrigens ohne nennenswertes Ergebnis - so brutale Polizeieinsätze billigen und befürworten. Aber das ändert nichts an ihrer Linie. Sie meinen, zu acht Ländern über das Schicksal von fast 200 Ländern, über das Schicksal der Welt, entscheiden zu dürfen. Und sie tun das einfach. Und deswegen bezahlen die armen Länder noch immer mehr zur Abbezahlung ihrer Kredite an die Industrieländer, als ihnen an Entwicklungsgeldern zufließt.

Und durch die Entscheidung der US-amerikanischen Regierung, sich nicht am Klimaschutz zu beteiligen, sterben ziemlich sicher Hunderttausende von Menschen. Was also sind die GegnerInnen der Globalisierung? Ich meine, sie haben einfach verdammt Recht, gegen diese Arroganz auf die Straße zu gehen.