Radio "Grüne Welle" vom 05.04.01


Themen der Sendung vom 05.04.01 Schallwellen

MitarbeiterInnen der Sendung:
Ilona S. (IS), Ilona W. (IW), Brigitte W. (BW), Ralf (Ra) sowie Hardy in der Technik
Moderation: Ra

AutorIn: a , SprecherIn: s


Ankuendigung des "Bundesamtes fuer Strahlenschmutz"

"Sehr geehrte Buergerin, sehr geehrter Buerger!

Taeglich werden in unserem Land grosse Mengen an Atommuell erzeugt, fuer die es bisher leider immer noch keine Endlagerungsmoeglichkeit gibt. Deshalb muss jetzt jeder Stromverbraucher seiner persoenlichen nationalen Verantwortung gerecht werden und fuer einen Teil des Atommuells, der ja auch fuer seinen Stromverbrauch produziert wurde, aufkommen und diesen selbst zwischenlagern.

Das Bundesamt fuer Strahlenschmutz startet daher diesen Aufruf in den Medien und bittet die Zuhoerer sich bei der Telefonnummer, welche am Schluss dieser Ankuendigung genannt wird, zu melden und ein entsprechendes Paket Atommuell abzuholen.

Bitte sorgen Sie dann fuer die naechsten 10.000 Jahre fuer eine sichere Aufbewahrung.

Waehrend dieser Frist werden Sie uebrigens einen leichten Rueckgang der Radioaktivitaet feststellen.

Ihre Erben werden nach Ablauf der Zwischenlagerungsfrist rechtzeitig ueber einen Abholungstermin informiert werden. Etwaige zwischenzeitliche Wohnungswechsel sind dem Bundesamt fuer Strahlenschmutz anzuzeigen."

Dieses Atommuellproblem wurde Ihnen beschert von Yello, e-on, RWE, VEW und anderen Atomstromerzeugern in fortlaufender Kooperation mit allen deutschen Bundesregierungen.

"Wollen Sie als verantwortungsvoller Buerger aber lieber das Problem an der Wurzel packen und oekologisch erzeugten Strom der Atomenergie vorziehen, so melden Sie sich statt dessen bei der Greenpeace Gruppe Wuppertal unter der Telefonnummer 44 17 80. "


Atomausstieg ? Ein Nachruf auf eine Idee

Die Gemeinschaft der Atomkraftgegner trägt schwarz. Voll Trauer verabschieden sie sich von der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Atomenergie. Das kurze Leben der Zeit ohne Atommülltransporte durch unser Land fand letzte Woche eine abruptes Ende. Schmerzhaft waren die letzten Wochen. Voll Wut und Verzweiflung kämpften die Atomkraftgegner bis zuletzt für ein Weiterleben der transportfreien Zeit. Doch selbst die Stunkparade und Dauerdemos konnten das Unvermeidbare nicht aufhalten. Letzte Woche dann rollten sie, die ersten Castortransporte und rollten damit die Hoffnung auf einen raschen Atomenergieausstiegs nieder. Zum Leichenschmaus treffen sich die AKW-Betreiber und die verantwortlichen Politiker. Allerdings werden dort keine Tränen fließen, sondern Champagner anlässlich des geglückten Starts des Transportkarussells.

Jetzt dreht es sich also wieder: das Atommüllkarussell. Die 19 Atomkraftwerke in Deutschland werden wie gehabt fleißig Atommüll produzieren. Der Atommüll wird zur sogenannten "Wiederaufarbeitung" quer durch Europa nach La Hague und Sellafield geschickt. Dort bleibt er für zehn, zwölf Jahre, um die schließlich die vorerst letzte Etappe nach Gorleben oder Ahaus anzurollen. Dort liegt er dann, vielleicht sogar für immer, denn eigentlich will ihn keiner so recht haben. Wer kann schon garantieren, dass dieser strahlende Müll kein Wasser, keine Pflanzen, keine Tiere und keinen Menschen verseucht. Und das für 10.000 Jahre?

Die Castortransporte der letzten Woche sind noch lange nicht die letzten. Allein bis Ende dieses Jahre dürfen die AKW-Betreiber noch 25 mal Atommüll auf die Reise schicken. Bis 2005 stehen noch mindestens 500 weitere Fahrten auf dem Plan. Und der Atommüll muss ja auch wieder zurück. Ein Ende ist noch lange nicht in Sicht, denn der sogenannte Atomkonsens ist bis heute von den AKW-Betreibern nicht unterschrieben. Diese setzen auf Zeit, denn eine neue Bundesregierung wird das mit dem Ausstieg bestimmt nicht so eng sehen und noch ein paar Jährchen und Jahrzehnte draufschlagen.

Nationale Verantwortung sind zwei Wörter. Wer es mit der Aussage ernst meint, der muss Transporte ins Ausland sofort verbieten. Jeder Castortransport ist eine Risikofahrt zu viel und unterstützt die Atomindustrie, die ungestört weitermachen kann wie bisher.

Die Gemeinschaft der AKW-Gegner trauert ... und ist verdammt wütend. Sie werden keine Tränen vergießen, sondern weiter für ein Leben ohne Atomenergie kämpfen. Bis zum Schluss.

Fragen? Die Greenpeace Gruppe Wuppertal gibt gerne Auskunft. Unter 44 17 80 oder wuppertal@greenpeace.de diskutieren und reden wir gerne mit Ihnen. Noch mal die Nummer und die Emailadresse: 44 17 80 und wuppertal@greenpeace.de.


Fabel von den "Katztoren"

Es war ein sonniger Apriltag, als der kleine Mann wie so haeufig den gruenen Pfad in der Naehe der Bahngleise entlang flanierte. Die Strecke war bisher ruhig und beschaulich gewesen, doch nach der ersten Biegung des Weges eroeffnete sich ihm ein ueberraschender, chaotischer Anblick: Eine unueberschaubare Masse von Maeusen hatte den nahegelegenen Bahnhof belagert. Dabei steckte ein Viertel davon in Durchschnitts-Maeuse-Hosen, -Maenteln und -Schuhen; die uebrigen dreiviertel aber trugen gruene Maeusepolizei-Uniformen. Der kleine Mann beschleunigte seinen Schritt, um eine der zivil gekleideten Maeuse nach der Ursache des Maeuseauflaufs zu fragen, und schon bald hatte er einen auskunftsfreudigen Nager gefunden.

Dieser hatte gerade eine Diskussion mit einer uniformierten Maus abgebrochen, in der es um die Frage ging, ob die demonstrierenden Maeuse Schuld an den Ueberstunden des Maeusepolizisten waren. Als nun der kleine Mann ihn um Informationen zu der Versammlung bat, wandte sich die Maus verbluefft zu ihm hin, blickte ihn mit erstaunten Augen an und antwortete: "Das wissen Sie nicht? In wenigen Minuten rollen hier doch die Katztoren ein." Der kleine Mann war etwas beschaemt, weil er ueber ein scheinbar wichtiges Ereignis nicht Bescheid wusste. Dennoch aber wagte er nachzuhaken: "Die Katztoren?! Was ist denn das?!" Etwas mitleidig ueber den in seinen Augen hinter dem Mond lebenden kleinen Mann zog die Maus zunaechst eine Augenbraue hoch, erwiderte jedoch schliesslich: "Die Katztoren sind eine extrem gefaehrliche Ueberzuechtung der normalen Hauskatze. Moppelheimer entdeckte vor vielen Jahren, dass man aeusserst leistungsfaehige, fast unsterbliche Katzen zuechten kann, wenn die Zellkernteilung durch kuenstliche Spaltung beschleunigt wird." - "Aber wofuer benoetigt man denn diese Katztoren?", fragte der kleine Mann erstaunt, "wo sie doch so gefaehrlich sind!" - "Tja", sagte der Maeuserich bitter, "fuer Arbeiten, die auch auf andere, wesentlich risikoaermere Weise erledigt werden koennten." - "Aber warum wechselt man denn nicht zu diesen sicheren Methoden?", erkundigte sich der kleine Mann. - "Aufgrund von wirtschaftlichen Interessen", sprach der Maeuserich, grimmig zwischen den Zaehnen zischend. "Jahrelang hat Mausland in die Katztoren investiert; Gelder fuer Forschungen und Projekte flossen, und die Ertraege, die durch die Katztoren erwirtschaftet wurden, waren lukrativ. Nun moechten sich die Wirtschaftsmaechtigen von diesen geldbringenden Geschaeften nicht lossagen. Trotz der latenten, enormen Bedrohung durch die Katztoren. Die Katztoren-Befuerworter versuchen, die Politiker mit Statistiken zu beruhigen sowie mit Argumenten ueber beaengstigend steigende Arbeitslosigkeit etc. unter Druck zu setzen. Und die Maeusepolitiker lenken ein. Obwohl sich die jetzige Maeuseregierung die Abschaffung der Katztoren-Zuechtung auf die Fahnen geschrieben hatte. Sie muessen wissen, dass die Katztoren, die in Kuerze hier eintreffen werden, keine Neuzuechtungen sind, sondern alte Katztoren, die man mit einem immensen Aufwand wieder erstarken liess."

Am Horizont sah man jetzt die Silhouette einer Eisenbahn, und ein leises Grollen war zu vernehmen. Langsam kam Unruhe in die eben noch verhaeltnismaessig unbewegte Menge. "Sehen Sie", sagte der Maeuserich, "da ruecken sie naeher, die Katztoren." Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er auf den Zug blickte. - "Mmh", machte der kleine Mann und wippte - nun auch von Nervositaet gepackt - ueber seinen Fusssohlen auf und ab. "Aber Sie haben mir noch gar nicht gesagt, was die Gefaehrlichkeit der Katztoren ausmacht", bemerkte der kleine Mann. - "Einigermassen ungefaehrlich sind die Katztoren, solange sie sich in den eigens fuer sie geschaffenen Hochsicherheitsgebaeuden befinden. Diese Gebaeude sind mehrmals ummantelt, und muessen Tag und Nacht ueberwacht werden. Die Katztoren-Befuerworter beteuern die Sicherheit dieser Bauten. Doch immer wieder gelingt es einzelnen Katztoren zu entweichen. Maeusisches Versagen nennt man das dann. Aber dies ist ein Risikofaktor, der nie auszuschalten sein wird. Die Katastrophe tritt ein, wenn mehrere der Katztoren ausserhalb des Gebaeudes gelangen. Im Umkreis von mehreren 100 Kilometern vernichten sie ueber einen Zeitraum von vielen Jahrhunderten jegliches Leben: Baeume, Maeuse und natuerlich auch Menschen."

Bei diesen Worten zuckte der kleine Mann zusammen. Also waren die Katztoren auch fuer ihn eine Bedrohung? Mittlerweile hatte sich der Zug bereits bis auf wenige Meter den Wartenden genaehert. Einige Maeuse hefteten schweigend ihren Blick auf die schwarze, heranrollende Maschine; andere wiederum stritten lautstark mit den Polizeimaeusen.

"Aber sagen Sie", stiess der kleine Mann aus, "wenn man die Katztoren fuer gewoehnlich in Hochsicherheitstrakten ueberwacht, ist es dann nicht sehr gefaehrlich, sie auf Schienen durch die Lande zu kutschieren?? - "Natuerlich", antwortete die Maus und nickte heftig. "Vor ueber zwei Jahren wurden deshalb die Transporte eingestellt, weil immer wieder Katztoren entwichen." Eine kurze Pause entstand. "Aber nun begeben Sie sich besser in Sicherheit." Und mit diesen Worten bugsierte die Maus denn kleinen Mann vorsichtig aus der Menge.

Im selben Augenblick erreichte der Zug bedrohlich schnaufend wie ein Stier die Maeuseversammlung. Die draengende Masse versperrte dem kleinen Mann fast die komplette Sicht auf den wuchtigen, staehlernen Koloss. Nur einen winzigen Lidschlag lang vermeinte er einen unheimlichen Blick erhascht zu haben: auf eine gigantische, hart blitzende Kralle und ein Paar riesige, rot gluehende Augen.