Radio "Grüne Welle" vom 01.03.01


Themen der Sendung vom 01.03.01 Schallwellen

MitarbeiterInnen der Sendung:
Uli B. (UB), Brigitte W. (BW), Christian (Ch), Ralf (Ra), Gudrun (Gu) sowie Hardy in der Technik
Moderation: Ra

AutorIn: a , SprecherIn: s


Neues zur Oeffnung der Luisenstrasse

Nachdem in der letzten Zeit ein Rueckschritt nach dem anderen in der Wuppertaler Verkehrspolitik erfolgte, folgt an dieser Stelle mal eine positive Nachricht: Das Rechtsamt der Stadt gab einen Bescheid der Bezirksregierung in Duesseldorf bekannt, wonach die Luisenstr. eine Strasse ist, die keine ueberoertliche Bedeutung hat. Daher ist der Rat der Stadt nicht befugt, die angestrebte Wiederoeffnung der Luisenstr. zur Briller Str. durchzufuehren.

Die schwarz-gelbe Mehrheit im Rat wollte nasmlich im Rahmen ihres Programms zum sogenannten "partnerschaftlichen Miteinander" von Auto- und anderen Verkehren die erst vor einigen Jahren geschlossene Luisenstr. wieder zur Durchgangsstrasse machen.

Da fuer einen solchen Beschluss aber die Bezirksvertretung Elberfeld zustasndig ist, in der CDU und FDP keine Mehrheit besitzen, sollte kurzerhand die Luisenstr. in eine Strasse mit ueberoertlicher Bedeutung bzw. zu einer Hauptverkehrsstr. umdeklariert werden.

Dies wurde in einem Rechtsgutachten der Stadt Wuppertal aber als nicht zulasssig angesehen, zumal seit Beginn des Jahres ein Beschluss der Bezirksregierung vorlag, der eine Zurueckstufung der Friedrich-Ebert-Str. auf eine Strasse mit nur lokaler verkehrlicher Bedeutung vorsieht. Diese aenderung wurde vor ca. 1 1/2 Jahren von der Stadt Wuppertal selbst beantragt. Das bedeutet folglich aber auch, dass die Luisenstr. erst recht keine Strasse von verkehrstechnisch ueberoertlicher Bedeutung sein kann.

Die CDU hat dennoch die Sache nicht aufgegeben und einen externen Fachanwalt mit der Ueberpruefung der Situation beauftragt. Wichtig wasre daher, dass sich die Anwohner und andere Menschen oeffentlich zu der Situation asussern, um die in Wuppertal einmalige Strasse mit dem besonderen Flair zu erhalten und Stellung gegen die umweltschasdliche Verkehrspolitik der Stadtplaner und der Regierung im Rat zu beziehen.

Dazu findet eine von der Bezirksvertretung Elberfeld initiierte Buergeranhoerung am 7. Masrz um 19:30 Uhr in der Sophienkirche statt. Eingeladen wurde auch der mitverantwortliche Stadtplaner Herr Rossberg. Den Termin werden wir nachher nochmals in unseren Umweltterminen nennen.

Mehr als wundern kann man sich nur, wieviel Geld die neue Ratsmehrheit trotz der katastrophalen Finanzlage in unsinnige Verkehrsprojekte steckt bzw. noch stecken will. Man denke an die Abschaffung des Kasinokreisels fuer ca. 100.000 DM, die geplante Busbucht am Schauspielhaus fuer ca. 3-400.000 DM, die Linksabbiegespur vom Wall zur Neumarktstr. und einiges mehr. Hier wuerde sich das Luisenstrassenprojekt mit ca. 100.000 DM einreihen. An anderer Stelle, wie bei Kindergasrten und sozialen Projekten, wird an jeder Mark gespart.

Doch zum Schluss noch eine weitere gute Nachricht ,die kuerzlich bekannt wurde: Das Untertunnelungsprojekt der Brillerstr., dass schon vor vielen Jahren vom Rat beschlossen wurde, wird nun endgueltig fallengelassen.


Atomkraft und Atomtransporte

In den letzten Wochen hören wir in den Medien dauernd von Atomtransporten, die in nächster Zeit anstehen. Bürgerinitiativen, Umweltverbände und Teile der Grünen rufen zu Protesten auf ... Ist das Thema angesichts des Atomkonsenses, der im letzten Jahr zustande gekommen ist, nicht eigentlich passé? Der Ausstieg aus der Atomenergie ist doch beschlossene Sache. Wozu -- oder genauer: wogegen -- soll mensch da eigentlich noch demonstrieren?

Wir haben ja gar keinen Atomausstieg. Wir haben nicht einmal einen Atomkonsens. Es gibt zwar wunderschöne Papiere mit großzügigst bemessenen Plänen für jahrzehntelange Kraftwerkslaufzeiten, aber diese Papiere sind von den Atomkonzernen ja bis heute nicht unterschrieben worden. Es gibt keine irgendwie absehbare Perspektive für einen tatsächlichen Atomausstieg. Das einzige, was es gibt, ist der Versuch seitens der Atomindustrie, mittels eines unverbindlichen Atomausstiegsversprechens zum Sankt-Nimmerleins-Tag der Anti-AKW-Bewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Und was wird aus dem Atomkraftwerken, die bei uns im Land herumstehen?
Die laufen einfach weiter und werden auch nicht viel früher abgeschaltet als sowieso geplant. Stade, Biblis A und Obrigheim sind uralte Reaktoren, die sowieso niemand ernsthaft bis ins Jahr 2020 betreiben wollen würde. Das rentiert sich gar nicht. Alles läuft wie gehabt -- nur jetzt mit garantierten Stromerzeugungsmengen -- und die Gefahren und Probleme, die mit der Atomkraft verbunden sind, bleiben dieselben.
Worin bestehen diese Gefahren?
Zum einen gibt es die Gefahr größerer Unfälle im Atomkraftwerk selbst. Seit 1986, seit Tschernobyl, gibt es ja hierzulande in der öffentlichen Diskussion die Unterscheidung zwischen "unsicheren Ost-" und "sicheren Westreaktoren". Vor 1986 war das durchaus anders, da konnte man in Fachzeitschriften der deutschen Atomwirtschaft nachlesen, wie außerordentlich sicher die Reaktoren vom Typ Tschernobyl (die sogenannten RBMK-Reaktoren) doch seien. Außerdem wird dabei regelmäßig übersehen, dass es auch hierzulande mehrfach Fälle gab, wo unsere ach so sicheren deutschen Reaktoren nur knapp an einer Reaktorschmelze vorbeigeschrammt sind. ---
Neben diesem Risiko gibt es aber auch noch die permanent stattfindenden Schweinereien bei der Wiederaufarbeitung in Frankreich und England, also in La Hague und Sellafield, wo täglich Millionen Liter radioaktiver Abwässer einfach ins Meer geleitet werden. Das Ergebnis davon ist, dass zum Beispiel in Sellafield die Leukämierate bei Kindern sage und schreibe zehnmal höher ist als im übrigen Land. -- Das ist übrigens das, was im deutschen Atomgesetz als "schadlose Verwertung" bezeichnet wird. Der Sand am Strand von Sellafield ist so radioaktiv, dass man hierzulande eine Genehmigung braucht, um damit hantieren zu dürfen. Die Kinder in Sellafield brauchen offenbar keine solche Genehmigung, die "dürfen" einfach so dadrin spielen. ---
Und als drittes gibt es noch die völlig ungelöste Entsorgungsfrage: Wo soll der Atommüll hin, den wir in unseren Atomkraftwerken täglich produzieren? Wo und wie kann man ihn auf Jahrmillionen sicher lagern? Das ist eine Frage, auf die heute niemand, absolut niemand eine Antwort hat. Und zwar einfach deshalb, weil es eine solche Antwort nicht gibt. Es gibt keine Möglichkeit, irgendetwas über Jahrmillionen hinweg sicher wegzuschließen. Und weil es diese Möglichkeit nicht gibt, müssen wir aufhören, immer mehr von diesem Atommüll zu produzieren. Und wir müssen damit nicht erst in zig Jahren aufhören -- und auch dann nur vielleicht --, sondern wir müssen jetzt damit aufhören! Jetzt! Und zwar wirklich!

[Musik]

Wir haben gerade über die Gefahren der Atomkraft gesprochen. Nun stehen ja jetzt wieder Atomtransporte an. Wie verhält es sich damit vor dem Hintergrund des vorhin gesagten?

Herr Trittin unterscheidet ja seit neuestem zwischen sogenannten "notwendigen" und sogenannten "nicht notwendigen". Letztere sollen erst einmal verschoben werden, erstere um jeden Preis durchgebracht werden. Um jeden Preis heißt hierbei: Es werden zig Millionen Mark an Steuergeldern verschwendet, um diese Transporte durchzuprügeln; es werden tausende Polizisten von ihrem eigentlichen Einsatzort abgezogen, um sich vom Castor bestrahlen zu lassen und es werden tausende von friedlichen Demonstranten brutal misshandelt.
Nun sind die Transporte ja aber doch angeblich notwendig. Frankreich hat Deutschland doch nachdrücklich aufgefordert, erst einmal den alten Atommüll zurückzunehmen, bevor irgendwelcher neuer aufgenommen wird.
Also zum einen ist das keine Sache zwischen Frankreich und Deutschland, sondern zwischen der Cogéma und den Atomkraftwerksbetreibern in Deutschland. Es ist also keineswegs so, dass "wir als Deutsche" da irgendeine Verpflichtung haben, sondern konkret bestimmte Firmen. Und zum anderen sagst Du ja gerade selbst, worum es geht: Der alte Atommüll soll nicht deshalb zurückgenommen werden, damit die armen Franzosen nicht unseren Mist da herumliegen haben, sondern es geht darum, die Voraussetzung zu schaffen, um möglichst bald wieder neuen Atommüll in die Wiederaufarbeitung nach Frankreich schaffen zu können, damit die vorhin beschriebene Verdreckung der Umwelt dort planmäßig weitergehen kann -- im Auftrag hiesiger Atomstromkonzerne. Es geht doch nicht um Verantwortung gegenüber den Nachbarländern, auch wenn das gerne so dargestellt wird. Die Atomindustrie kümmert sich einen Dreck um Verantwortung, sonst würden sie gar nicht erst wiederaufarbeiten lassen, wo sie doch genau wissen, was da in La Hague und Sellafield abgeht. Es geht nicht um Verantwortung, es geht um den verantwortunglosen ungestörten Weiterbetrieb der hiesigen Atomkraftwerke. Nur dafür sind Trittins "notwendige" Transporte tatsächlich notwendig.
Wir sprechen die ganze Zeit über politische Notwendigkeiten oder Ziele. Wie sieht es denn mit der Gefahren solcher Transporte aus? Frau Merkel hat die Transporte vor drei Jahren ja verboten, weil jahrzehntelange Schlampereien bei der radioaktiven Belastung der Castoraußenhüllen herausgekommen waren. Was hat sich da jetzt getan?
Die Frage lässt sich kompakt beantworten: Eigentlich gar nichts. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass bei künftigen Transporten anders verfahren würde. Auch die Verfahren, um erhöhte Radioaktivität an der Außenwand zu vermeiden, sind nicht verbessert worden.
Und trotzdem sollen die Transporte genehmigt werden?
Wie schon gesagt, es geht nicht um Verantwortung, es geht um den Weiterbetrieb der Kraftwerke. Natürlich sind die Transport gefährlich. Sie rollen mitten durch dichtbewohnte Gebiete -- auch durch Wuppertal --, ohne dass die Verwaltungen und Feuerwehren der betreffenden Städte vorab informiert würden. Wenn da ein Unfall passiert, müssen im schlimmsten Fall tausende Leute evakuiert werden -- blitzschnell und ohne irgendeine Vorbereitung.
Aber die Behälter sind doch sehr sicher?
Die Behälter haben in der Tat gewisse Sicherheitstests zu bestehen: Sie müssen einen Sturz aus neun Metern Höhe überstehen und einem halbstündigen Brand bei 800 Grad Celsius standhalten. Nun sind neun Meter nicht gerade eine majestätische Höhe für z. B. eine Eisenbahnbrücke und 800 Grad sind auch nicht sehr viel. Wirkliche Brände erreichen bis zu 2000 Grad Celsius. Und die halbe Stunde: naja, was soll ich dazu sagen! Ich glaube, die Feuerwehr wäre verdammt froh, wenn sie alle ihre Brände in 30 Minuten (ab Brandbeginn) gelöscht bekäme.
Was unterscheidet den jetzt anstehenden Transport von anderen?
Dieser Transport hat eine hohe symbolische Bedeutung: Es geht um die grundsätzliche Frage, ob es in Deutschland noch eine Antiatombewegung gibt oder ob sich die Bürgerinnen und Bürger von der vagen Hoffnung auf einen Atomausstieg in zig Jahren haben einlullen lassen und denken, jetzt sei ja nichts mehr zu tun. Es geht jetzt darum, zu zeigen, dass es immer noch eine Mehrheit in der Bevölkerung gibt, die gegen Atomkraft ist und die einen wirklichen Ausstieg aus der Atomkraft will. Es geht darum zu zeigen, dass der politische Preis für diese Transporte sehr hoch ist.
Was kann ich als Einzelner tun?
Da gibt es verschiedene Möglichkeiten: Einerseits gibt es die Auftaktdemonstration am 24. März in Lüneburg, an die sich verschiedene Aktivitäten anschließen werden. Dann gibt es am 28. April in Biblis eine Demonstration "15 Jahre Tschernobyl". Da kann jede und jeder hingehen und ein Zeichen setzen, dass er oder sie mit der Fortführung der Atomenergie nicht einverstanden ist, dass der Atomkonsens kein Konsens mit der Bevölkerung ist. Auch von Wuppertal aus wird es Fahrtgelegenheiten zu diesen Demos geben.
Anderseits hat natürlich auch jede und jeder die Möglichkeit, den ganz persönlichen Atomausstieg zu vollziehen und einfach keinen Atomstrom mehr zu kaufen. Es gibt verschiedene Anbieter auf dem Strommarkt, die garantiert atomfreien Strom liefern, z. B. Greenpeace Energy, die Naturstrom AG und andere.
Wo kann ich weitergehende Informationen bekommen?
Am einfachsten im Internet unter " http://www.castor.de " oder bei der Wuppertaler Greenpeace-Gruppe, Telefon Wuppertal 44 17 80 oder e-Mail "wuppertal@greenpeace.de", Internet " http://www.greenpeace.de/wuppertal "

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